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09.05.2024
Lippedorf Boke

Chronikauszug des Jahres 1913

Die folgenden Blätter stellen einen Auszug aus der Boker Chronik (Boker Chronik I) des Jahres 1913 dar.

Bei der Übertragung der Originalschriften in die heutige Druckschrift wurde die Struktur der Chronik möglichst beibehalten.
Eine Seite des handschriftlichen Originals entspricht somit auch einer Seite in der Übertragung.
Auch die Interpunktion und die Orthographie des Originals wurde ohne Korrektur übernommen.
Was so alles in dem Jahr 1913 passierte, können Sie in dem folgenden Chronikauszug nachlesen.
Besonders bemerkenswert ist, dass das Lippedorf Boke vor 100 Jahren elektrifiziert wurde.


[251]

1913.

 Der Neujahrstag und mehrere der folgenden Tage im
Januar war kein Winter. Das Thermometer zeichte
nur Wärmegrade. Am 3. Januar nachmittags brannte
das Haus der Ww.199 Joseph Bergmeier zu Heitwinkel
in kurzer Zeit gänzlich nieder. Am 11. Januar kam
starker Schneefall und einige Tage Frostwetter. Dann
trat am 17. Tauwetter mit Regen ein, der mehrere
Tage anhielt, sodaß am 25. d. Mts. die Lippe austrat
und die Gegend weithin überschwemmte. Am
27. Januar brannte das Wohnhaus des Ignatz Noltenhans
genannt Decker, Untereichen vollständig nieder.
Die Entstehungsursache ist unbekannt. Das Vieh ist
mit knapper Not gerettet. Die Hühner sind verbrannt.
Im Februar war anfangs die Witterung
ganz unbeständig; Sturm und Regen wechselten
ab. Am 14. trat Frostwetter ein, des Nachts war
es sehr kalt und tagsüber hell und ziemlich warm,
andauernd bis Ende des Monats.
F 200 Anfangs März recht unbeständiges Wetter;
am 10. starker Regen; am 13 u. 14 recht warm.
Die zweite Hälfte des Mts. März sehr schönes
Frühlingswetter, an mehreren Tagen sogar
sehr warm. Diese Temperatur ging auch in
den Monat April über. Die Obstbäume,
besonders Kirschbäume entfalteten ihre
Blütenpracht. Leider trat am 11. April Schnee=
gestöber und darauf mehrere Tage verhält=
nismäßig starke Nachtfröste ein wodurch die
meisten Blüten vernichtet wurden. Den
29 und 30 sehr schwere Gewitter. Ein Blitzstrahl
schlug auf dem Gehöfte des Heinrich Schmidt

__________________________
199 Vgl. Fußnote Nr. 151.
200 Vgl. Fußnote Nr. 132.


[252]

in Untereichen in eine prachtvolle Eiche, welche vollstän=
dig zersplitter[t] wurde. Die Spätobstbäume blühten
jetzt und versprachen noch eine Obsternte. – In die=
   Monat
sem | fing man an mit dem Setzen Ste Aufstellen der
Masten für das elektrische Licht.
Im Monat Mai waren die ersten Tage gewitterhaft
Sehr gutes Wetter zum Pflanzen von Runkelpflanzen,
Kolrabi, Kabs201 etc. Leider kam am 18. 19 u. 20 nachts
starker Reif und tagsüber kalter Wind. Den 27. Mai
nachmittags ein schweres Gewitter, dem ein orkan=
ähnlicher Sturmwind vorausging, wodurch verschiedent=
lich Dachziegel abgeworfen worden sind. Die vier
letzten Tage des Mai waren ungewöhnlich heiße
Tage. – Anfangs Juni begann am Kanal die
Heuernte. Das Gras ist sehr stark, ist aber nicht so teuer
wie im vorigen Jahre, pro Morgen 6 – 7 Mark
billiger. Am 2. Juni fand eine allgemeine
Zählung der Schweine statt. Es wurden in
der Gemeinde Boke 1146 Stück gezählt. Vom
15. bis 18. Juni sehr heiße Tage und besonders
gutes Heuwetter. Vom 19 bis Ende viel Regen.
Es ist zu befürchten, daß viel Heu verdirbt oder
doch an Güte und Futterkraft verliert.
Am 15. Juni konnte Sr. Majestät Kaiser Wilhelm
II. auf eine 25jährige Regierung zurückschauen
und das 25jährige Regierungsjubiläum
feiern. Ganz Deutschland hatte schon lange
vorher Vorbereitungen getroffen um diesen
Tag festlich zu begehen. Da der 15. Juni ein
Sonntag war, so wurde der folgende Tag, so=
wohl kirchlich als auch weltlich festlich gefeiert.

__________________________
201 Vgl. Fußnote Nr. 194.


[253]

Möge unser geliebter Kaiser noch viele Jahre in
bester Gesundheit das Zepter führen zum Wohle des
Vaterlandes und aller seiner Untertanen, gemäß
dem Wahlspruche: “Mein Leben und meine Kraft
gehören meinem Volke.“ –
F Am 1. Januar 1913 hat der Landrat Königliche Landrat
Geheimer Regierungsrat Herr Dr. von Savigny die
Verwaltung des Landrats unter des Kreises Büren
niedergelegt, nachdem er den Kreis über 20 Jahre zum
Wohle der Kreiseingesessenen verwaltet hat. Zum
Nachfolger ist der Herr Landrat Winkelmann beru=
fen worden.
Anfangs Juli dunkles Wetter und viel Regen. Mitte und
Ende des Mts. gutes Wetter. S Einige sehr heiße Tage. Die
Heuernte konnte jetzt beendet werden und hat allge=
mein befriedigt. Am 10 und 11. Im Monat August
wurde der Roggen gemäht und wegen der günsti=
gen Witterung an den meisten Tagen im August
auch eingeerntet. Der Roggen hat viel Stroh ge=
liefert, aber mit der Körnerertrag hat weniger be=
friedigt. Wegen der günstigen Witterung im
September konnte auch der Hafer gemäht und
eingeerntet werden. Diese Ernte war gut,
so wohl an Stroh als auch an Körnerreichtum. Im
Sept. ist auch der Grummet recht trocken unter
Dach gekommen. Auch die Kartoffeln wurden
meist im Sept. aus der Erde gemacht. Auch diese
Ernte hat ein befriedigendes Ergebnis. Im
Oktober war das Wetter meist unbeständig
mit Ausnahme der letzten fünf Tage, die un=
gewöhnlich sehr heiß waren. Ende Oktober war
die neue Chaussee Boke-Mantinghausen


 [254]

fertig und konnte dem Verkehr übergeben werden.
Im November wurde die Fortbildungsschule mit über
20 Schülern eröffnet. Den Unterricht erteilen der Herr Pfar=
rer Liedhegener und der Herr Hauptlehrer Kothe. Die Wit=
terung war im November milde und angenehm. Die
Herbstfrucht Runkeln und Steckrüben wurden jetzt ein=
geerntet, die einen besonders guten Ertrag lieferten.
Im Dezember viel Regen, stürmisch , rauh und kalt.
Die am 1. Dezember stattgefundene Vieh= und Obstbaum=
zählung hatte folgendes Ergebnis: 120 Pferde, 907 Stück6149
Obstbäume.F   202
Der Gemeinde Haushaltungsplan war in diesem Jahre
in Einnahme und Ausgabe auf 17900 Mark festge=
setzt. Nach der letzten Personenstands=Aufnahme hat
Boke 1019 Einwohner. – In diesem Jahre sind
39 Geburten, 14 Sterbefälle und 9 Trauungen vor=
gekommen.
Der Ernteausfall ist, wie oben im einzelnen
schon angegeben, überhaupt befriedigend gewesen.
Die Martini Markt und Fruchtpreise stellten sich
pro Doppelzentner wie folgt:

Weizen         .....    20,00 Mark
Roggen        .....    15,80    „
Gerste          .....    14,50    „
Hafer            .....    16,00    „
Kartoffeln     .....      5,00    „

Der Gemeindevertretung wurde der Inhalt
der Chronik mitgeteilt und zur Unterschrift vorgelegt.

Boke, den 5. Januar 1914.

Der Vorsteher:                  Die Gemeindevertretung:
Schäfermeyer.                  Pottmeier    Leiwesmeier
                                            Schmidt    Jostmeier
                                            Groepper


F Im Laufe des
Jahres wurde die
elektrische Leitung
von der Centralle in
Paderborn durch
Boke gelegt. Ver=
schiedene Häuser
sind angeschlossen.
Auch in der Kirche,
in der Pfarr= und
Kaplaneiwohnung
und in den Wohnungen
der Lehrpersonen brennt das elektrische
Licht.
203
_________________________
202 Vgl. Fußnote Nr. 132.
203
Tönsmeyer, S. 50: „Pfarrhaus, Kirche und Schule waren die ersten Gebäude, in denen durch Anschluß an die Pesag zu Paderborn zuerst das elektrische Licht in Boke erstrahlte, um dessen Anlage im Jahre 1913 sich besonders Pfarrer Liedhegener tatkräftig bemühte.
Die mit der Durchführung beauftragte Firma Wilhelm Epping aus Delbrück besorgte auch den Einbau eines elektrischen Antriebes der Glocken und des Gebläses für die Orgel.
Als endlich der elektrische Antrieb funktionierte, fand das neue Geläute gar nicht den Beifall der Pfarrbewohner.
Vor allem vermißte man das beliebte `Bleiern´, das frühere Anschlagen der Glocken.
So kehrte man bald zur alten Art des Läutens zurück.“


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